Drucken

Asienspiele – Jakarta und Palembang

Zwei Gastgeberstädte der Asienspiele 2018: Ambitionen und Herausforderungen

 

Wenn am 18. August 2018 die 18. Asienspiele beginnen, dann werden sich in der Historie dieser sportlichen Veranstaltung erstmals zwei Städte als Gastgeber präsentieren: Jakarta und Palembang. Beide mit unterschiedlichen Zielen, Ansprüchen und Beweggründen.

von Friederike Trotier

 

Plakate Asienspiele 2018; Bildquelle: Judith Bosnak

 

 


 

Ganz Asien schaut in diesem August auf Indonesien, präziser gesagt auf die beiden Städte Jakarta und Palembang, denn dort findet das größte Sportfest des Kontinents, die Asienspiele, statt. Das erste Mal in der Geschichte dieser Spiele werden sie von zwei Städten ausgetragen. Jakarta und die Provinzhauptstadt Palembang teilen sich die Aufgabe, die 18. Asienspiele zu veranstalten. Die Unterschiede der beiden Austragungsorte spiegeln sich auch in den verschiedenen Zielen und Strategien für dieses Sportereignis wider. Jakarta beabsichtigt, eine Stellung als »global city« zu erlangen und dabei einige der urbanen Probleme anzugehen, die die Stadt belasten. Palembang hingegen möchte auf sich aufmerksam machen und das Ziel voranbringen, sich als Indonesiens neue Sportstadt zu etablieren. Im Hintergrund spielen auch noch die Präsidentschaftswahlen, die im April 2019 stattfinden werden, und der Rückblick auf die vierten Asienspiele von 1962 in Jakarta eine Rolle.

 

Die Asienspiele 2018 sind auf Umwegen nach Indonesien gekommen. Zunächst hatte sich Hanoi gegen die indonesische Stadt Surabaya durchgesetzt, und Indonesien stand als Verlierer da. Allerdings machte Vietnam 2014 einen Rückzieher, und für Indonesien bot sich die zweite Chance, nun doch Ausrichter des Events zu werden. Der Inselstaat bekam dann auch schnell die Zusage und machte sich an die Vorbereitungen. Allerdings kam Surabaya nicht mehr zum Zuge, sondern es wurden zwei andere Städte als Gastgeber auserkoren. Jakarta als Hauptaustragungsort stand schnell fest. Aber das Organisationskomitee beabsichtigte, mehr als eine Stadt zu involvieren, zum einen um die Last zu verteilen und zum anderen um die Vielfalt Indonesiens zu zeigen. Diese Strategie des Co-Ausrichtens hatte Indonesien auch schon bei den letzten Southeast Asian Games im Land (2011) verfolgt. Wie bereits im Vorlauf der 26. SEA Games 2011 konnte sich die Hauptstadt Südsumatras, Palembang, durchsetzen und wurde Mitgastgeberin der diesjährigen Asienspiele.

Plakat Asienspiele 2018; Bildquelle: Judith Bosnak

 

 

Ausrichter Jakarta – urbane Herausforderungen

 

Die Hauptargumente für Jakarta als Hauptausrichter waren die bereits vorhandenen Spielstätten, die Erfahrung mit dem Veranstalten von Großereignissen und seine Rolle als Indonesiens Hauptstadt. Außerdem weist Jakarta ein riesiges Einzugsgebiet für mögliche Sponsoren und Besucher des Events auf. Auch wenn die Führung der Stadt teilweise zurückhaltend agierte, gab es eine Anzahl von Zielen, die mit den Asienspielen verbunden wurden. Als südostasiatische Megacity hat Jakarta mit vielen Problemen zu kämpfen. Der Verkehr in der Stadt ist aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens bereits an die Grenzen der Belastbarkeit gekommen. Es fehlt vor allem an Alternativen des öffentlichen Nahverkehrs. Die Aussicht, mit den Asienspielen eine große Anzahl an internationalen Gästen in der Stadt willkommen zu heißen, hat nun längst überfällige Infrastrukturprojekte in Bewegung gebracht. So wurden Arbeiten an der Jakarta Light Rail Transit (LRT) und Mass Rapid Transit Jakarta (MRT) beschleunigt, für die es schon seit Jahrzehnten Pläne gibt, die bisher aber nie erfolgreich umgesetzt wurden. Der Druck der öffentlichen Aufmerksamkeit durch die bevorstehende Sportveranstaltung hat die Dringlichkeit, für besseren Transport zu sorgen, erhöht. Das Ziel, die Monorails bis zu den Asian Games fertig zu stellen, wurde allerdings verfehlt. Die Arbeiten sind auch kurz vor der Eröffnung der Spiele noch im Gange. Aber der Langzeitnutzen für die Stadt, wenn die Bauarbeiten einmal abgeschlossen sind, ist unbestritten.

 

 Gelora-Bung-Karno Stadion in Jakarta; Bildquelle: Andy Fuller

 

Jakarta kämpft gegen zahlreiche urbane Herausforderungen, die das Image der Stadt in negativer Art und Weise beeinflussen. Deshalb ist ein weiteres wichtiges Ziel der Asienspiele 2018, das Image der Stadt so zu verbessern, dass nicht die Probleme, sondern die Chancen der Stadt im Mittelpunkt stehen. Jakarta kann darüber hinaus sein Image als »global city« stärken. 2014 war die Stadt in einem Ranking für potentielle global cities der Zukunft ganz vorne gelandet. Das Ausrichten eines der größten Sportereignisse der Welt kann dazu beitragen, diesen Status zu verfestigen. Ein weiterer Baustein in diesem Bestreben ist beispielweise der geplante neue Central Business District Meikarta, der ebenfalls die Wirtschaft und die Infrastruktur der Metropolregion Jakartas voranbringen soll.

 

 

Außerdem kann die öffentliche Wahrnehmung, die mit einem großen Sportevent verbunden ist, dabei helfen, Machenschaften wie Korruption aufzudecken. So hatte der ehemalige Gouverneur Jakartas, Basuki Tjahaja Purnama (Ahok), der noch im Amt war, als Indonesien den Zuschlag für die Asienspiele bekam, Korruption, Verbrechen und bürokratischer Ineffizienz den Kampf angesagt. Das mediale Interesse an Sportgroßereignissen kann nun möglicherweise dazu beitragen, dass Transparenz und Korruptionsbekämpfung gestärkt werden.

 

 

 

(Bild links) Gelora-Bung-Karno Stadion in Jakarta; Bildquelle: Andy Fuller

 

 

Seite 2 / oben weiterlesen  

 


 

Ausrichter Palembang – Indonesiens Sportstadt

 

Palembang ist die unbekannte der beiden Gastgeberstädte. Während Jakarta als Hauptstadt sich nicht um Bekanntheit kümmern muss, ist das für Palembang ein wichtiges Anliegen. Die Hauptstadt der Provinz Südsumatras hat sicherlich nicht so eine touristische Anziehungskraft wie beispielsweise die Städte Yogyakarta oder Bandung, gilt aber immerhin als das Zentrum des buddhistischen Königreiches Srivijaya, das vom 9.-14. Jahrhundert großen Einfluss auf Südostasien ausübte. Seit Beginn des landesweiten Dezentralisierungsprozesses, einsetzend nach dem Fall Suhartos 1998, der Distrikten und Städten eine größere Entscheidungsfreiheit gebracht hat, nutzte Palembang vermehrt Marketingstrategien in Bezug zu Sport. Verstärkt seit dem Ausrichten der SEA Games 2011 verfolgt Palembang das Ziel, sich als Indonesiens Sportstadt und somit als »erste Adresse« im Sport zu etablieren. Das heißt, seit 2004 wird der Sportkomplex Jakabaring kontinuierlich erweitert und möglichst oft mit Sportevents ausgelastet. Die SEA Games 2011 und die folgenden Islamic Solidarity Games (2013) und ASEAN University Games (2014) haben schon dazu beigetragen, dass Palembang mittlerweile, zumindest in gewissen Sportkreisen, bekannt ist; aber die Asienspiele bieten ganz andere Möglichkeiten, international wahrgenommen zu werden. Deshalb ist es für die Stadt in Südsumatra bereits ein großer Erfolg, als Co-Ausrichter zu fungieren. Darüber hinaus sieht die Marketingstrategie vor, langfristig Sportevents, Sportlerinnen und Sportler, Sporttouristen und Sportunternehmen anzulocken und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt im (inter)nationalen Vergleich zu stärken.

 

Gelora-Sriwijaya-Stadion in Palembang; Bildquelle: Friederike Trotier

 

Mehrere Argumente sprachen für Palembang als Co-Veranstalter. Die vorhandenen Sportstätten, die nicht nur internationalen Standards entsprechen, sondern auch alle logistisch sehr günstig auf dem Komplex der Jakabaring Sport City liegen, waren ein zentrales Argument. Dieser Sportkomplex ist auch der Grund dafür, dass Palembang bereits einige Erfahrung damit hat, internationale Sportveranstaltungen auszurichten. Ein weiteres Argument für Südsumatra ist die relative Sicherheit der Lage. Es gibt weder Vulkane noch ist die Region erdbeben- oder tsunamigefährdet. Auch gilt die Region als wenig anfällig für religiöse oder ethnische Unruhen. Allerdings wird ein Aspekt der Gefährdung außer Acht gelassen, der durchaus negative Auswirkungen auf die Asienspiele haben könnte, nämlich Waldbrände. So war Südsumatra einer der Brandherde, als 2015 riesige Feuer in ganz Indonesien tobten. Selbst Waldbrände kleineren Ausmaßes würden bereits eine beträchtliche Luftverschmutzung erzeugen und damit zu einem erhöhten Gefährdungspotential für die Asienspiele beitragen. Das scheint aber bei der Wahl Palembangs nicht berücksichtigt worden zu sein.

 

Vielmehr standen unterstützende Politiker im Vordergrund, denn ein weiteres Argument für die Wahl Palembangs als Co-Ausrichter ist das große Engagement der lokalen Regierung. Hierbei sticht vor allem die Rolle des Gouverneurs Südsumatras, Alex Noerdin, hervor. Dieser befindet sich am Ende seiner zweiten Amtsperiode und gestaltet die Asienspiele in Palembang als die Krönung seiner Amtszeit. Seit dem Zeitpunkt, als Vietnam seinen Rückzug bekannt gab, hatte Noerdin Palembang ins Gespräch gebracht und sehr hartnäckig die Stadt als Austragungsort propagiert. Von den lokalen Medien als großer Entwickler und Gestalter der Provinz Südsumatra und insbesondere Palembangs gefeiert, gab sich Noerdin stets als Befürworter von Sportveranstaltungen und als Garant für Palembangs Erfolge als Ausrichterstadt der zurückliegenden wie zukünftigen internationalen Sportevents. Der vehemente Einsatz, Palembang zu Indonesiens neuer Sportstadt zu entwickeln, trägt seine Handschrift.

 

Als Hauptziele des Co-Ausrichters geben die Organisatoren wirtschaftliche Entwicklung, Verbesserung der Infrastruktur und wachsende Bekanntheit an. Der nicht hinterfragte Glaube an Sportevents als Garant für wirtschaftlichen Fortschritt steht zwar im Kontrast zu vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, ist aber immerhin langfristig gedacht. Im Gegensatz zu Jakarta liegen die Infrastrukturprojekte in Palembang besser im Zeitrahmen. Die gebaute LRT soll nach den Spielen den öffentlichen Nahverkehr der Stadt bereichern, was einen langfristigen Nutzen bringt.

 

Herausforderungen, welche die positiven Auswirkungen auf Südsumatra unterbinden können, sind die doch eher geringe Anzahl an Wettkämpfen, die in Palembang ausgetragen werden, und die Logistik. Insbesondere internationale Gäste könnten die Hauptstadt Südsumatras eher als Anhängsel Jakartas wahrnehmen. Es ist außerdem abzuwarten, ob langfristig die Ziele der Marketingstrategie erreicht werden. Das hängt auch davon ab, wie der neue Gouverneur das Erbe Alex Noerdins antritt und ob der Stellenwert des Sports weiterhin so groß sein wird.

 

Plakat Asienspiele 2018; Bildquelle: Friederike Trotier

 

Die Asienspiele 2018 zwischen Vergangenheit und Zukunft

 

Beim Blick auf zwei weitere Aspekte, die für die Asienspiele in Indonesien eine Rolle spielen, geht es um die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft. Auf der einen Seite gibt es immer wieder Bezüge zu den vierten Asienspielen, die 1962 in Jakarta stattfanden. Auf der anderen Seite werfen die Präsidentschaftswahlen 2019 bereits ihre Schatten voraus und machen die Asienspiele zu einem Teil der Wahlkampagnen. Der Bezug zu den Asienspielen 1962 verdeutlicht vor allem drei Dinge: Erstens ist Indonesien kein Newcomer ohne Erfahrung auf dem Parkett von Sportevents, sondern kann eine Historie von Sportveranstaltungen im eigenen Land vorweisen. Dass die Asienspiele und die darauf folgenden Games of the New Emerging Forces (GANEFO, 1963) bereits in den 1960er Jahren in Indonesien stattfanden, trägt zum Stolz des Landes bei, insbesondere im Vergleich mit anderen Ländern mit kolonialer Vergangenheit. Zweitens waren die Asienspiele 1962 für die Gastgeber sowohl sportlich als auch organisatorisch ein Erfolg. Daran möchte man anknüpfen und die Fähigkeit der Indonesier in den Wettkämpfen und als Gastgeber unter Beweis stellen. Drittens hat das Sportevent die Stadt Jakarta 1962 sehr verändert. Modernisierungsprojekte wurden umgesetzt, die heute als Vorbilder für die Gastgeberstädte Jakarta und Palembang dienen.

 

Ein weiterer Punkt erinnert an die wichtige Rolle des charismatischen Präsidenten Sukarno, der Schirmherr und Ideengeber der Spiele in den 1960er Jahren war. Der derzeitige Amtsinhaber Joko Widodo (Jokowi) nutzt die seit einigen Jahren wachsende Beliebtheit des ersten Präsidenten Indonesiens, um sich als sein Nachfolger zu inszenieren. So gibt es beispielsweise eine Ausstellung zu den Asienspielen 1962 und 2018, welche die beiden Präsidenten mit ihren jeweiligen Ideen der Stadtgestaltung und Architektur in den Mittelpunkt stellt. Außerdem möchte Jokowi das Event für die Außendarstellung Indonesiens nutzen, was auch Sukarnos Bestreben gewesen war – wenn auch mit anderen politischen Gedanken.

 

Das große Engagement Jokowis hinsichtlich der Asienspiele im eigenen Land ist auch mit der anstehenden Präsidentschaftswahl verbunden. Damit er die für April 2019 terminierte Wahl gewinnt, setzt der Amtsinhaber auf positive Effekte durch das Großereignis. Wenn die Spiele nicht nur ohne Zwischenfälle über die Bühne gehen, sondern auch die Menschen begeistern können, spielt dies Jokowi in die Hände. Die Regierung würde Pluspunkte sammeln, und die Asienspiele wären als Wahlkampagne erfolgreicher als übliche kleinere Wahlveranstaltungen. Allerdings birgt die Nähe von Sportevent und Politik die Gefahr, dass mögliche Misserfolge abfärben oder dass viele Indonesier so auf die Wahlen fixiert sind, dass die Asienspiele für sie gar keine große Bedeutung haben. Beides würde Jokowi in seinem Bestreben, sein Amt zu sichern, eher schaden.

 

Die Asienspiele sind ein Fest für den ganzen Kontinent, aber von besonderer Bedeutung ist das Sportereignis vor allem für die Gastgeber. Nun steht das Event kurz bevor, und man darf gespannt sein, wie Jakarta und Palembang – stellvertretend für ganz Indonesien – die Gäste aus allen Teilen Asiens willkommen heißen und was die Spiele für die beiden Städte und das Land langfristig bedeuten werden.

 

Palembangs Markenzeichen: die Ampera Brücke; Bildquelle: Friederike Trotier

 

 

Kategorie: Politik & Gesellschaft